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Trotz der großen Entwicklungspotentiale, die mit internationalen Aktivitäten verbunden sind, sehen viele mittelständische Unternehmen den Prozess der Globalisierung mehr als Risiko denn als Chance. Sie befürchten, am Ende der Entwicklung werden nur noch einige wenige große Global Player am Markt bleiben, und für unabhängige mittelständische Unternehmen wäre da kein Platz.
Die vielen internationalen Fusionen und Akquisitionen scheinen diese Befürchtungen zu belegen: Offensichtlich verfolgen die Großunternehmen die Erfolgsstrategie weiteren Wachstums und einer globalen Reichweite. Ob der Wettbewerbsvorteil und der Wertzuwachs der durch Agglomeration entsteht, jedoch die Abstimmungs- und Koordinationsprobleme solcher großer Einheiten wettmacht, ist noch nicht bewiesen.
Dennoch: Größe ist ein Vorteil, wenn es darum geht, mit hohem finanziellen Engagement ein großes Risiko einzugehen. Um einen neuen Markt zu erobern, Marken zu etablieren, einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erreichen, dazu sind große Anschubinvestitionen notwendig, und möglicherweise müssen auch Anlaufverluste getragen werden.
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Abb. 2: Internationalisierung: Chancen für mittelständische Unternehmen
Unabhängige mittelständische Unternehmen verfügen meist nicht über die finanziellen Ressourcen, in dieser Weise aufzutreten. Sie müssen andere Strategien verfolgen, die diesen Größennachteil wettmachen. Kooperationen mit Partnern in den jeweiligen Ländern, und die Nutzung der Dienstleistungen von Vertretungen und Handelshäusern ermöglichen ein stufenweises Vorgehen, das die Risiken in zu bewältigender Größenordnung hält.
Eine Internationalisierungsstrategie ist die individuelle Strategie, die jeweilige Lösung, die ein Unternehmen für die durch die Globalisierung veränderten Marktbedingungen findet.
Abb. 3: Grundformen internationaler Aktivitäten
Sowohl bei Großunternehmen als auch bei mittelständischen Unternehmen lassen sich die internationalen Aktivitäten in die drei Grundformen der Internationalisierung gliedern, nämlich Handel, Direktinvestitionen und Kooperationen. Internationalisierung nur mit Unternehmenszusammenschlüssen, der Gründung von Niederlassungen, und dem An- und Verkauf von Unternehmensteilen gleichzusetzen, vernachlässigt einen Teil der Realität.
Gleichwohl bestehen große Unterschiede in der Gestaltung der Internationalisierungsstrategien zwischen mittelständischen und multinationalen Unternehmen. Während Großunternehmen heute ihre Direktinvestitionen meist über den Ankauf von Unternehmen und Fusionen realisieren, sind bei mittelständischen Unternehmen die Gründung von Niederlassungen oder Tochtergesellschaften vorherrschend. Joint ventures werden zumeist in solchen Ländern gegründet, die eine Beteiligung eines einheimischen Partners für die Aktivität in diesem Land gesetzlich vorsehen, beispielsweise in China oder Indien.
Der Weg, Internationalisierung durch Handelsbeziehungen voranzutreiben bedeutet bei Großunternehmen meist den Aufbau eigener Vertriebsstrukturen und eine internationale Markenführung, während mittelständische Unternehmen häufiger die Zusammenarbeit mit Handelsunternehmen oder mit Vertretungen suchen.
"Wir haben einiges an Lehrgeld bezahlt", berichtet ein Unternehmer, der seit vielen Jahren erfolgreich technische Einrichtungen für die Lebensmittelindustrie international verkauft, die in Deutschland entwickelt und hergestellt werden. "Wir haben erkannt, dass es notwendig ist, sich nicht von Vertretern und Vertragshändlern abhängig zu machen, sondern die Geschicke in den Hauptmärkten durch eigene Vertriebs- und Servicegesellschaften selbst in die Hand zu nehmen, um den Finger am Puls der Märkte zu haben."
Kooperationen gewinnen im Mittelstand immer mehr Bedeutung. Entweder als Vorstufe zu eigenen Investitionen bzw. Kapitalverflechtungen oder auch in Ergänzung dazu sind immer mehr mittelständische Unternehmen bereit, eine längerfristige Zusammenarbeit auch mit Unternehmen im Ausland einzugehen.
Das internationale Engagement inhabergeführter Unternehmen verläuft meist entlang regionaler Schwerpunkte, die durch die Verfügbarkeit von Ressourcen und aktuelle Gelegenheiten vorgegeben sind. Die Unwägbarkeiten und der hohe Kapitalbedarf internationaler Aktivitäten lassen sich so eher kalkulierbar halten. Dabei spielen auch persönliche Vorlieben oder Kontakte zu potentiellen Führungskräften oder Partnern eine wichtige Rolle:
Eine mittelständische Brauerei gründet ihre erste Vertriebsniederlassung in Südamerika in einer mittleren Stadt in Venezuela. Der wichtigste Grund für diese Entscheidung war es, dass der ehemalige studentische Prakikant, der diese Vertriebsniederlassung übernehmen sollte, hier über gute Kontakte verfügte.
Meistens sind es sowohl Kostenargumente als auch die Wahrnehmung von Marktchancen, die einer Entscheidung für Aktivitäten in einem bestimmten Land zugrunde liegen. Mit dem raschen Marktwachstum und den Wohlstandszuwächsen in vielen Ländern ändert sich meist jedoch auch die Kostensituation dort, so dass eine Entscheidung, die sich allein auf Kostenargumente stützt, zu kurzfristig gedacht ist.
Ein mittelständisches Unternehmen des Metall verarbeitenden Gewerbes, das Materialien für die Bauindustrie herstellt, hat eine Produktionsniederlassung in Tschechien gegründet, um die dortigen niedrigen Lohnkosten zu nutzen. Es zeigt sich aber, dass gute Fachkräfte in Tschechien, wo es kaum Arbeitslosigkeit gibt, schwer zu finden sind. Der Lohnvorteil wird zunehmend geringer. Gleichzeitig steigt die Bauaktivität in Tschechien mit wachsender wirtschaftlicher Stärke immer mehr an, so dass heute die Absatzargumente die Kostenargumente weit überwiegen.
Von einer rein nationalen Organisation...
...über Zwischenstufen...
...bis zur Entwicklung des Profils eines internationalen Unternehmens
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Abb. 4: Internationalisierungsstrategien mittelständischer Unternehmen
Eine typische mittelständische Internationalisierungsstrategie ist es auch, große Abnehmer in das Ausland zu begleiten. Vor allem im Automobilbau, wo in vielen Ländern ein Anteil inländischer Produktion gesetzlich gefordert wird, haben Zulieferer ihre Auslandsniederlassungen dort gegründet, wo ihre Partner, die Automobilhersteller, ein Werk eröffnet haben. Diese "Huckepack-Strategie" ist auch bei Zulieferern oder Dienstleistern in der Textilindustrie zu beobachten, bei der heute kaum noch Produktionsstätten in Deutschland zu finden sind.
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