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Zehn Handlungsempfehlungen für den Junior: 1 • 2 • 3 • 4 • 5 • 6 • 7 • 8 • 9 • 10

2. Gehen Sie notwendige Veränderungen zügig an

Immer wieder berichten Junioren von Problemen, in die das Unternehmen durch starke Dynamik am Markt geraten war. Innerhalb weniger Jahre waren neue Wettbewerber da, fielen die Preise oder änderten sich die Spielregeln am Markt. Viele Branchen waren und sind seit dem Ende der 80er Jahre davon betroffen.

Als die Zeiten härter wurden, entstanden große Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Junior und den anderen Geschäftsführern auf der einen Seite sowie dem Senior und dem Beirat auf der anderen Seite. Zum ersten Male in seiner Geschichte verlor das Unternehmen Geld. Im Jahr darauf wuchsen die Verluste auf das Dreifache des Vorjahresniveaus an. Als nach zwei Jahren die Konflikte durch Ausscheiden des Seniors beendet wurden, stand der Junior vor einer schwierigen Aufgabe.

Die Mitarbeiter waren gewohnt, von einer starken Hand geführt zu werden. Diskussionen und eigenes Engagement gab es trotz der Größe des Unternehmens nur wenig. In den Unternehmensleitsätzen stand, daß das Unternehmen ingenieurmäßig geführt werde. Wie also sollte eine schnelle Ausrichtung auf die seit zwei Jahren verpaßten Marktveränderungen erfolgen?

Es folgten innerhalb eines Jahres viele schmerzhafte Einschnitte in Privilegien, Organisationsstrukturen und personelle Besetzungen. Ruhe und Betriebsklima im Unternehmen sanken auf einen Tiefststand. Es dauerte aber nur knapp zwei weitere Jahre, bis das Unternehmen wieder sehr erfolgreich am Markt stand. Mit dem Erfolg kam auch die Zufriedenheit in die Belegschaft zurück, die heute am Ertrag des Unternehmens beteiligt ist. Schnell waren die schlimmen Zeiten vergessen.

Aus den Ergebnissen der Interviews läßt sich ablesen, daß dem neu eintretenden Junior seitens der Belegschaft ein bestimmter Veränderungsgrad zugestanden wird. In einigen Fällen wird er sogar erwartet, nämlich dann, wenn Kritik am Verhalten des Seniors vorherrschte oder wenn das Unternehmen in wirtschaftlicher Notlage war. Teilweise hat der Junior sogar den Status eines Retters, von dem tiefgreifende Maßnahmen geradezu gefordert werden. Auch im vorstehenden Fall war das Echo der Mitarbeiter im Nachhinein eher positiv. Wichtig schienen dabei zwei Aspekte:

  • Die Notwendigkeit der Veränderungen war klar und erfolgreich kommuniziert worden.
  • Die durch eine größere Veränderung gebrachten Opfer und Unannehmlichkeiten waren auf absehbare Zeit begrenzt.

Entscheidend für die Akzeptanz der zu treffenden Maßnahmen ist das Vertrauen der Belegschaft. Fehlt das Verständnis oder ist das Licht am Ende des Tunnels nicht sichtbar, führt dies zu dauerhaften Schäden im Verhältnis zur Geschäftsleitung. Wie so etwas aussehen kann, zeigt das folgende Beispiel.

Der Senior war äußerst beliebt gewesen und hatte ein blühendes Unternehmen an seine beiden Nachfolger übergeben. Als das Unternehmen aus verschiedenen Gründen drohte, in Probleme zu geraten, begann die junge Unternehmensleitung zu sparen. Zunächst wurden kürzere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich vereinbart. Im Gegenzug versprach die Geschäftsführung, daß dafür niemand entlassen werde. Als man merkte, daß es trotzdem eng wurde, kamen im zweiten Schritt Lohnkürzungen. Zusätzlich mußten doch einige Mitarbeiter entlassen werden. Dann wurde, wie in jedem Jahr, die Anforderungsliste für Arbeitskleidung ausgefüllt. Aus Spargründen wurde die Bestellung bis zum Jahresende hinausgezögert. Schließlich stellte man fest, daß man ja gleich die Bestellung für das nächste Jahr aufnehmen könne.

Der Vertrauensverlust der Geschäftsleitung war und ist enorm. Wut und Frust haben weite Teile der Belegschaft ergriffen. An schwarzen Brettern im Betrieb hängen anonyme Briefe, in der die Geschäftsleitung einer ruinösen Politik bezichtigt wird.

Es soll hier nicht diskutiert werden, ob die Maßnahmen notwendig oder gar falsch waren. Aus Angst, Probleme klar anzusprechen, fehlt bei vielen Junioren der Mut, einmalige starke Maßnahmen zu ergreifen. Hinzu kommt oft die Einschränkung durch den Beirat, aus dem heraus der Senior bremst. Ist man sich der Tatsache bewußt, daß Mitarbeiter durchaus zu zeitlich begrenzten Opfern bereit sind und daß Veränderungen durch eine neue Persönlichkeit akzeptiert werden, sollte es nicht an Mut zu offener Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern fehlen. In dem oben beschriebenen Fall hat man lange Zeit versucht, die Probleme klein zu halten. Durch die Salami-Taktik der immer stärker werdenden Einschränkungen wurden den Mitarbeitern unbewußt nicht nur die Probleme sondern auch ein fehlendes Leidensende vermittelt. Das folgende Beispiel zeigt, wie man mit offener Kommunikation besser fahren kann.

Zeitgleich zum Eintritt des Juniors in das Unternehmen zeichneten sich erhebliche Probleme auf dem Hauptabsatzmarkt ab. Die wichtigsten Kunden hatten große Schwierigkeiten, und es wurde klar, daß das Unternehmen seine Zukunft in anderen Vertriebskanälen suchen mußte. Die über Jahrzehnte aufgebaute Ruhe und Sicherheit waren dahin. Bevor aber ein strategischer Umbau stattfinden konnte, mußten einschneidende Maßnahmen verabschiedet werden.

Im Dialog mit dem Betriebsrat vereinbarte der Junior eine Kündigung des Tarifvertrags, der weit über den branchenüblichen Leistungsvergütungen lag. Gleichzeitig wurde ein Leistungslohn eingeführt und die Mitarbeiter gemäß ihrer Tätigkeit tariflich eingruppiert. Lohnerhöhungen können erst wieder gewährt werden, wenn der Manteltarifvertrag der Industrie die Höhe der jeweiligen Stufe erreicht hat.

Die Maßnahmen waren hart für die Mitarbeiter. Insgesamt dauerte aber der Prozeß nur zwei Jahre. Bereits im dritten Jahr waren Betriebsklima und Zufriedenheit der Mitarbeiter wieder auf altem Stand. Viele verdienen heute sogar aufgrund des Leistungslohns mehr als noch zu Zeiten des alten Tarifvertrags. Dafür hat sich der Output pro Kopf aber auch fast verdoppelt.

Offene Kommunikation der zu lösenden Probleme, ihres Umfangs und der anvisierten Lösungen sind ein wichtiges Erfolgsrezept für schwierige Zeiten. Auch sonst sollte jeder Mitarbeiter über die strategischen Ziele des neuen Chefs informiert sein. In der durchgeführten Befragung waren längst nicht alle Mitarbeiter in der Lage zu sagen, wie das Unternehmen dasteht und wo es hin will. Zielkonformes Verhalten ist aber nur möglich, wenn die Ziele klar sind. Diese Aussage wird besonders vor dem Hintergrund des folgenden Abschnitts relevant. Er macht deutlich, warum zielkonformes Verhalten der Mitarbeiter für Junior-Unternehmer geradezu überlebenswichtig ist, um mit dem eigenen Führungsstil zum Erfolg zu kommen.

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